AKTUALISIERT: Leitfaden für Freischaffende in der Corona-Krise

23.07.2020

Die Auswirkungen auf den Kulturbetrieb sind erheblich. Insbesondere freischaffende Musikerinnen und Musiker sind von Konzertabsagen betroffen. Die DOV gibt Hinweise und Empfehlungen.

Stand: 23.07.2020

Vergütungen & Ausfallhonorare

Wurden Veranstaltungen abgesagt, gilt für Ausfallhonorare:

  • Ist der Veranstalter eine vom Bund getragene oder unmittelbar geförderte Einrichtung, und wurde das Engagement bis zum 15. März 2020 vereinbart, erhalten freischaffende Künstlerinnen und Künstler 60 Prozent des Nettoentgelts einer Gage unter 1.000 Euro und 40  Prozent bei einer höheren Gage bis zu einer Obergrenze von 2.500 Euro. Stellen Sie dazu einen schriftlichen Antrag und verweisen auf die Pressemitteilung der Staatsministerin für Kultur und Medien Monika Grütters (CDU) vom 29.04.2020.
  • Einige kommunale oder vom Land getragene Orchester sowie einige Kirchen vergeben aus Kulanz Ausfallhonorare. Im Bereich des Tarifvertrags für Theater- und Konzertorchester (TVK) haben die DOV und der Deutsche Bühnenverein die Klangkörper aufgerufen, Ausfallhonorare für Aushilfekräfte zu zahlen.
  • Im Übrigen hängen Ausfallhonorare von den individuellen Vertragsbedingungen ab. Auch mündlich oder per SMS / WhatsApp geschlossene Vereinbarungen sind wirksam. Für Honorarlehrkräfte hängt eine Vergütung von den Einzelheiten des Verwaltungsakts ab. Wenden Sie sich bei Fragen gern an die DOV-Rechtsabteilung.

Konkret empfiehlt die DOV:

  • Sollten Ausfallhonorare vertraglich vereinbart sein, machen Sie diese geltend. Anderenfalls versuchen Sie, diese nachträglich auf Kulanzbasis zu verhandeln. Die DOV beobachtet, dass manche private Veranstalter und Kirchen sich unter den derzeitigen besonderen Umständen solidarisch zeigen.
  • Bewahren Sie Vertragsvereinbarungen und Absagen in schriftlicher Form zur Dokumentation auf, und dokumentieren Sie die Ihnen entgangene Honorare. Dies könnte zu einem späteren Zeitpunkt zur Beantragung von Entschädigungsleistungen o.ä. nützlich werden.
  • Beim Abschluss neuer Verträge verhandeln Sie bereits jetzt über mögliche Ausfallhonorare.
  • Es hat sich gezeigt, dass Verschiebungen von Konzerten mit Vorsicht angegangen werden sollten. In diesem Fall besteht nämlich aus rechtlicher Perspektive kein Honorarausfall mehr, sodass kein Raum für Entschädigungen bleibt. Überlegen Sie sich außerdem, ob Sie Konzerttermine auf einen Zeitpunkt verschieben wollen, an dem Sie ohnehin mit weiteren Verpflichtungen wieder rechnen können.
  • Sind bereits Teilleistungen zu einem Projekt (zum Beispiel Proben) erbracht worden, besteht der Honoraranspruch zumindest anteilig.

Notfallfonds & Soforthilfe

Die meisten Bundesländer haben Soforthilfeprogramme aufgelegt. Eine aktuelle Übersicht bietet das Deutsche Musikinformationszentrum. Dort sind neben Ideen, Initiativen und Problemen vor allem amtliche Meldungen und Nachrichten zu nicht-staatlichen Maßnahmen gebündelt. Das Spektrum reicht von Hilfsprogrammen über Strukturdaten bis zu digitalen Projekten. Detaillierte Informationen finden Sie hier.

Die Bundesregierung hat ein Soforthilfeprogramm aufgelegt. Es dient der Sicherung der wirtschaftlichen Existenz der Unternehmen und zur Überbrückung akuter Liquiditätsengpässe. Unternehmen bzw. Selbständige aus allen Wirtschaftsbereichen – auch aus dem Kultursektor – mit bis zu fünf Beschäftigten können einen einmaligen Zuschuss von bis zu 9.000 Euro für drei Monate beantragen, Sie will außerdem auf Rückforderungen von Geldern für Projekte und Veranstaltungen, die nicht stattfinden oder stattgefunden haben, wenn möglich verzichten.  Das Bundesfinanzministerium hat die zuständigen Behörden oder Stellen in den Ländern zusammengestellt. Zur Übersicht gehts hier. Die genannten Ansprechpartnerinnen und -partner können sowohl zu Länder- als auch Bundes-Soforthilfen kontaktiert werden.

Außerdem stehen folgende Programme bereit:

  • Die DOV hat für ihre freischaffenden Mitglieder eine Notfallunterstützung eingerichtet. Freischaffende, die aufgrund ihrer persönlichen Einkommenssituation sozial akut hilfsbedürftig sind, beispielsweise, weil sie keine Rücklagen und keine weitere familiäre Unterstützung haben, wenden sich zur Beantragung der DOV-Nothilfe formlos per E-Mail, schildern kurz ihre aktuelle Lage, den Umfang aktuell entgangener Honorare durch abgesagte Veranstaltungen und Auftritte und geben ihre aktuelle Bankverbindung sowie eine Mobilfunknummer für Rückfragen an. Freischaffende DOV-Mitglieder, die wirtschaftlich durch Familie und/oder Lebenspartner*in aufgefangen werden, sind gebeten, stärker bedürftigen DOV-Mitgliedern der Vortritt zu lassen.
  • Die Deutsche Orchester-Stiftung (DO-S) hat ebenfalls einen Sofort-Hilfefonds eingerichtet. Informationen zur Beantragung erhalten Sie auf der Website der DO-S

Sozialrecht

Sollten Sie bei der Künstlersozialkasse (KSK) angemeldet sein, bietet Ihnen das Künstlersozialversicherungsgesetz einige Maßnahmen, um derartige Notlagen abzufedern:

  • Lässt sich die Schätzung des gemeldeten voraussichtlichen Jahresarbeitseinkommens im laufenden Jahr nicht verwirklichen, besteht jederzeit die Möglichkeit, der KSK die geänderte Einkommenserwartung zu melden. Die Beiträge werden auf Antrag den geänderten Verhältnissen angepasst. Eine Änderung der Schätzung des voraussichtlichen Jahresarbeitseinkommens sollte jedoch sorgfältig und behutsam erfolgen, da sie rückwirkend nicht mehr korrigiert werden kann. Formulare finden Sie hier.
  • Die KSK hat angekündigt, bei akuten Beitrags-Zahlungsschwierigkeiten Erleichterungen zu gewähren. Weitere Informationen wird es dazu bald auf ihrer Webseite geben.

Sollten Ihre Einnahmen in nächster Zeit vollständig ausfallen, haben Sie außerdem die Möglichkeit, Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs (ALG II) zu beantragen. Ansprechpartner ist das jeweils zuständige Jobcenter oder, für die Bewilligung von Arbeitslosengeld I, die Agentur für Arbeit. Die Bundesagentur für Arbeit lockert wegen der Corona-Krise derzeit außerdem die formalen Anforderungen für eine Beantragung von Arbeitslosengeld. Weitere Informationen finden Sie hier.

Quarantäne

Wer behördlich in Quarantäne gesetzt wird, dem stehen nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) Entschädigungszahlungen zu. Folgende Ansprüche können je nach Einzelfall entstehen:

  • Wer sich in behördlicher angeordneter Quarantäne befindet, erhält Entschädigung für einen Verdienstausfall (§ 56 Abs. 1 IfSG).
  • Bei einer Existenzgefährdung können Mehraufwendungen bei der zuständigen Behörde beantragt werden (§ 56 Abs. 4 IfSG).
  • Selbständige, die nicht gesetzlich kranken-, renten- und pflegeversichert sind, haben Anspruch auf Erstattung ihrer Aufwendungen für soziale Sicherung in angemessenem Umfang (§ 58 IfSG).